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Textile Erdsonde mit Potenzial
Dank innovativer Webtechnik ist eine Erdsonde auf dem Markt, die in Gebieten mit Grundwasservorkommen zulässig ist. Aufgrund ihrer koaxialen Geometrie bringt die neue Erdsonde eine höhere Wärmeausbeute als herkömmliche U-Rohrsonden. Die erste Anlage bewährt sich seit zwei Jahren in einem Pilotprojekt.
Was haben farbige Kordeln, Fransen oder Bänder für Uniformen und Trachten mit Erdsonden gemeinsam? Die ausgeklügelte Webtechnik. In der Produktionshalle von TTS Inova in Thayngen, Schaffhausen, rattern 200 verschiedene Textilmaschinen. Eine davon produziert einen runden Schlauch, der als äussere Schicht in der neusten Entwicklung des Betriebs – der textilen Erdsonde – zum Einsatz kommt. Die Idee entstand vor mehr als 10 Jahren: Eine Erdsonde mit einer koaxialen Geometrie sollte einen wesentlich besseren Wärmeertrag liefern als herkömmliche. Im Rahmen eines Innosuisse-Projekts mit TTS Inova AG als Industriepartner untersuchte die ETH Zürich die Machbarkeit und kam zum Schluss, dass für die äussere Schicht einer solchen Erdsonde ein flexibler Gewebeschlauch mit Innenbeschichtung optimal wäre. Als Textilunternehmen mit langjähriger Erfahrung nahm TTS Inova AG diese Herausforderung an und entwickelte ein spezielles Produktionsverfahren. Nach einigen Versuchen gelang es, einen flexiblen Schlauch aus Polyester mit einer innenliegenden Dichtung aus Silikon herzustellen. Das Unternehmen entwickelte darauf nicht nur alle weiteren Teile der Erdsonde wie den Sondenkopf und -fuss, sondern auch ein spezielles Einbauverfahren.
EFFIZIENTER ALS HERKÖMMLICHE ERDSONDEN
Erdsonden anstatt als U-Rohrsonde koaxial aufzubauen, ist nicht neu. Denn die Geometrie bringt eine höhere Effizienz: Die Kontaktfläche mit dem Erdreich und damit die Wärmeübertragung ist grösser als bei einer U-Rohrsonde und dank des grossen Querschnitts, in dem das Wasser nach unten fliesst, braucht die Umwälzpumpe weniger Leistung. Bis anhin war jedoch die Logistik eine Herausforderung: Das äussere Rohr hat einen Durchmesser um 130 mm und müsste stückweise transportiert werden. Der flexible Schlauch hingegen lässt sich aufrollen und gefaltet in das Bohrloch absenken. Beim Kontakt mit dem Erdreich dehnt er sich aus und schmiegt sich nahtlos an das Bohrloch an. Eine Hinterfüllung ist nicht nötig.
KEINE UMWELTSCHÄDLICHEN MATERIALIEN
Einen wesentlichen Einfluss auf die Effizienz hat das Erdreich, denn wasserführende Erdschichten erlauben einen höheren Wärmeentzug. Herkömmliche Erdsonden sind jedoch in solchen Gebieten nicht erlaubt. Denn die Wärmeträgerflüssigkeit enthält in der Regel Glykol und die Hinterfüllung besteht aus einem Gemisch aus Zement und Bentonit, das im flüssigen Zustand giftig ist. Beim Einfüllen könnten Spuren davon ins Erdreich gelangen. Diese Gefahren bestehen bei der Erdsonde von TTS Inova AG nicht. Sie arbeitet mit Wasser als Wärmeträgerflüssigkeit, braucht keine Hinterfüllung und besteht mit Polyester und lebensmittelkonformem Silikon aus unbedenklichen Materialien.
SCHAFFHAUSEN GEHT VORAN
Die textile Erdsonde ist damit in Gebieten mit Grundwasservorkommen grundsätzlich zulässig. Allerdings muss der Standortkanton eine Bewilligung erteilen und einige sind dabei noch zurückhaltend. Schaffhausen hingegen hat eine Pilotanlage mit zwei Erdsonden im Werkhof Tiefbau Schaffhausen bewilligt. Der Standort liegt im Bereich eines 10 m mächtigen Grundwasservorkommens. Die geologische Untersuchung nach dem Einbau der Erdsonden ergab, dass alle gewässerrechtlichen Vorgaben eingehalten sind. Das Potenzial ist gross: Allein im Kanton Schaffhausen könnten geschätzt 2000 zusätzliche Anlagen für 3000 bis 4000 Liegenschaften verlegt werden.
Die erste Erdsonde mit einer Länge von 250 m ist seit Oktober 2022 in Betrieb. Im März 2024 installierte TTS Inova AG die zweite Anlage mit einer Länge von 270 m. Der Wärmeertrag wird direkt im Areal genutzt. So konnte der Verbrauch an fossilem Brennstoff deutlich reduziert werden. Das permanente Monitoring bestätigt die hohe Effizienz: Mit einer Wärmeentzugsleistung von 50 bis 60 W/m arbeitet die Erdsonde effizienter als die meisten U-Rohrsonden. Diese liefern eine Wärmeleistung von 6 bis 8 kW – die Erdsonde von TTS Inova er-reicht 10 bis 12 kW.
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